FKT-Online-Seminar: Rufanlagen nach DIN VDE 0834 und IP-Vernetzung

Sie helfen Menschen in Notsituationen, retten Leben und wenden Gefahren ab. Diese drei zentralen Merkmale von Rufanlagen erfordern eine besonders sichere Technik und qualifizierte Techniker.

Nur Fachkräfte für Rufanlagen nach DIN VDE 0834 dürfen Hand an diese im Ernstfall so wichtige Verbindung zwischen Patientinnen oder Patienten und dem Pflegepersonal legen. Sie setzen Rufanlagen in Betrieb, führen die Abnahmeprüfung, Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten durch ebenso wie erforderliche Änderungen an der Anlage. Bei Störungen ist eine unverzügliche Inspektion und Instandsetzung erforderlich – durch eine Fachkraft für Rufanlagen. Diese Vorgabe gelte auch am Sonntag in der Früh um drei Uhr, wie der Vorsitzende des ZVEI-Fachkreises Rufanlagen nach DIN VDE 0834, Dr. Matthias Rychetsky, im FKT-Online-Seminar „Rufanlagen nach DIN VDE 0834 und IP-Vernetzung“ betonte. Fachkraft für Rufanlagen wird man in einem eintägigen Seminar. Voraussetzung sollte eine Ausbildung aus dem Spektrum der Elektronik sein. Noch sei Letzteres in der DIN VDE 0834 lediglich als „Wunsch“ festgehalten. In der überarbeiteten DIN VDE 0834, mit deren Erscheinen Mitte des kommenden Jahres zu rechnen ist, werde wahrscheinlich der elektronische Background für die Schulung zur Fachkraft für Rufanlagen verbindlich vorgeschrieben. Die neue Norm werde in einigen Punkten strenger werden, berichtete Rychetsky, der im Normenausschuss mitwirkt.

Separierung der IP-Netze lautet das Zauberwort

Für moderne Rufanlagen wird immer wieder gefordert, diese vollständig in die restliche IP-Vernetzung des Hauses zu integrieren. Dies sei aber in dieser Form nicht möglich. Denn: Die Nutzung von Übertragungswegen anderer Systeme ist nach der Norm DIN VDE 0834 nicht zulässig. Zwischen Organisationsgruppen (Bereiche, die eine Pflegekraft überblicken kann) und externen Gewerken dürfen Übertragungswege von Fremdsystemen nur dann verwendet werden, wenn durch ein kontinuierliches Risikomanagement sichergestellt wird, dass die Anforderungen der DIN VDE 0834 eingehalten werden. Innerhalb der Organisationsgruppen der Rufanlage dürfen keine anlagenfremden Übertragungswege genutzt werden. Da aber Organisationsgruppen z.B. nachts oft zusammengelegt werden, ist das Risiko groß, dann einen nicht normenkonformen Übertragungsweg zu verwenden. Daher gilt in der Regel: In physikalischen Netzen brauchen Rufanlagen ein eigenes Kabel. Auch die Nutzung von VLAN für Rufanlagen ist nach Norm keine Lösung.

Zur normenkonforme IP-Anbindung von Rufanlagen verwies Rychetsky auf eine neue Broschüre des ZVEI, die sehr detailliert beschreibt, was möglich ist und was nicht. Die Broschüre steht zum kostenlosen Download bereit: www.zvei.org/presse-medien/publikationen/rufanlagen-nach-din-vde-0834-und-ip-vernetzung.

Rufanlagen sind nach DIN VDE 0834 eigenständige Systeme und müssen sich laufend selbständig auf Ausfälle hin überwachen. Damit sich Störungen nicht fortsetzen, muss jede Station über einen eigenen Switch und ein eigenes Netzteil angebunden sein. Controller und Server sollten nicht zentral ausgelegt sein. Die Versorgung von Rufanlagen muss außerdem aus einem eigenen, separat abgesicherten Stromkreis erfolgen.

Vorsicht bei der Alarmweiterleitung

Alarme von medizinischen elektrischen (ME) Geräten z.B. über einen Nebensteckkontakt auf die Rufanlage zu schalten, führe immer wieder zu tödlichen Unfällen. Rychetsky riet den Teilnehmern der Veranstaltung deshalb auch eindringlich davon ab, diesem oft geäußerten Wunsch nachzukommen. „Man schafft damit ein verteiltes Alarmsystem und ist mitten drin in der Medizinproduktebertreiberverordnung. Zwingend notwendig bei einer Anschaltung von ME Geräten ist ein Risikomanagement nach DIN EN 80001-1“.

Scheckheftpflege ist das Minimum

Viermal jährlich erfordern Rufanlagen eine Inspektion und einmal im Jahr eine Wartung. Eine Inspektion bedeutet z.B. alle Ruftasten für die Patienten und auch alle Zimmersignalleuchten auf Funktion zu prüfen. Bei der Wartung werden Lüfter geputzt, neue Softwares aufgespielt oder die Akkus getauscht. Deren Laufzeiten verringern sich bei hohen Temperaturen enorm, wie Rychetsky anlässlich der sommerlichen Hitzewelle während des Webinars am Rande bemerkte. Alle Arbeiten an der Rufanlage sind in einem Betriebsbuch festzuhalten.

Bestandsschutz ist schwierig

Die bei Webinaren zu Normen beinahe obligatorische Frage nach dem Bestandsschutz beantwortete der versierte Referent mit einem Hinweis darauf, dass die VDE DIN 0834 (die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahr 2016) seit dem Jahr 2000 im Wesentlichen unverändert gilt. Seit nunmehr 22 Jahre Anlagen zu betrieben, die nicht dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, dürfte vor Gericht schwer vermittelbar sein.

Maria Thalmayr

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