FKT-Online-Seminar: (Medizin-)technik-Planung mit BIM

„Begin with the end in mind!“ ist ein wichtiger Grundsatz beim BIM2FM. Welche Daten braucht man am Ende, um einen sauberen Betrieb hinzubekommen? Technikmanager bzw. FM-Verantwortliche müssen sehr frühzeitig in die Planung einbezogen werden, um diese zentrale Frage kompetent zu beantworten.

Man sollte nichts bezahlen, was man später nicht braucht. Daher sollte man zum Beispiel auch bei der oft sehr pauschal geäußerten Vorgabe „as-built“ im Vorfeld sehr genau überlegen, wo und wann diese Präzision überhaupt erforderlich ist. Ein Toleranzbereich von 30 cm sei heute in vielen Bauprojekten üblich, praktikabel und erspare sehr viel unnötige Arbeit. Beim FKT-Online-Seminar „(Medizin-)Technikplanung mit BIM: Projektbeispiele mit Schwerpunkt BIM to FM“ machten Claudia Hanke und Tino Schmidt von der mtp Planungsgesellschaft für Medizintechnik mbh deutlich: „Building Information Modeling (BIM) und die direkte Übernahme der Planungsdaten für den späteren Betrieb (BIM to FM) erfordern von Bauherrnseite eine sehr genaue Definition des Gewünschten. Es geht dabei nicht nur darum, welche Daten für den späteren Betrieb zur Verfügung stehen sollen, sondern auch um das Wie, also um Einheiten, um Stellen hinter dem Komma, um Nomenklaturen und Übergabeformate. Excel gewinne hier derzeit eine immer größere Bedeutung für den Austausch von Daten, sagt Schmidt.

Grundlage für die akribische Festlegung des Gewünschten sind die Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA). BuildingSMART Deutschland e.V. und der Zusammenschluss der Architekten im Krankenhaus und Gesundheitswesen haben speziell für Krankenhäuser ein Muster für Klinik-Informations-Anforderungen (KIA) erarbeitet. Dieser Katalog wird gerade aktualisiert und kann Krankenhäusern als Richtschnur dienen.

Klare Strukturen sind das A und O

Eindeutige Festlegungen seien außerdem - mehr noch wie schon beim analogen Planen - Voraussetzung für ein effizientes und erfolgreiches Zusammenspiel der zahlreichen Player in einem Bauprojekt. Der BAP (BIM-Abwicklungsplan) ist die abgestimmte Vorgehensweise zur Lieferung von Informationen und Daten und zur Erfüllung der vertraglich vereinbarten AIA. Wer an welcher Stelle alle Informationen zusammenführt, und wie welche Daten aufbereitet werden müssen, damit die jeweils anderen etwas damit anfangen können, sollte in diesem Kontext klar definiert werden. Die Single Source oft Truth ist Dreh- und Angelpunkt. „Daten werden nur an dieser einen Stelle angelegt und bearbeitet. In der Medizintechnik ist das zumeist das Raumbuch. Sofern ein Informationstransfer erfolgen muss, werden die Daten aus dieser einen „Quelle der Wahrheit“ an andere Stelle abgeleitet. (Als Beispiel sei hier die Pflege eines FM-Parameters genannt, welcher aus dem Raumbuch an das 3D-Element überführt wird). Hierdurch können Übertragungsfehler, z.B. durch Abschreiben, minimiert werden“, erklärt Hanke

Medizintechnik geht einen Sonderweg

„Neben größeren Elementen wie OP-Leuchten, Patientenbetten, Deckenversorgungseinheiten oder medizinischen Großgeräten fließen in der Medizintechnik sehr viele Elemente in die Planung ein, die für eine Darstellung im 3D-Modell zu klein oder nicht relevant sind: Infusionspumpen, Monitore, Wärmedecken – alles, was man von links nach rechts tragen kann“, erklärt Hanke. Diese Elemente sind zwar klein, aber dennoch sehr wichtig für die MT-Planung. Sie brauchen Platz, Strom oder andere Medien und können häufig ein Vielfaches der Kosten von „sichtbaren“ Elementen ausmachen. MTP hat deshalb im Arbeitskreis Medizin- und Labortechnik gemeinsam mit einigen anderen Medizintechnikplanern einen Sonderweg erarbeitet, um Medizintechnik sinnvoll ins BIM einer Klinik integrieren zu können. Er splittet die BIM-Planungsmethode in eine Kombination aus einem 3D-Modell für Kollisionsprüfungen, zur Erstellung von 2D-Plänen sowie für 3D-Visualisierungen, … und eine separate Datenbank: das Raumbuch. Darin werden technische und planungsrelevante Informationen zu den nicht im 3D-Modell dargestellten Komponenten wie Stromverbrauch, Nennleistung, Wärmeabgabe etc. geführt. So wissen die anderen Gewerke, welche Anschlüsse, Kühlleistungen etc. an welcher Stelle für diese Kleingeräte vorgesehen werden müssen. Ins 3D-Modell fließen diese Komponenten lediglich als sogenannte Technische Übergabekörper ein.

BIM bleibt Pionierarbeit

Sehnsüchtig erwartet, um der komplexen Thematik BIM2FM eine Ordnung zu geben, wird die Richtlinie VDI 2552 Blatt 6 BIM-Standards für den Betrieb. Bereits für 2022 angekündigt soll sie nun in diesem Jahr erscheinen. Für die Planung von Medizintechnik mit BIM biete die Richtlinie nach ersten Erkenntnissen jedoch wenig Hilfreiches so, Schmidt. Selbes gilt für die DIN EN 17412-1:2021-06 „Bauwerksinformationsmodellierung – Informationstiefe“. So bleibt die Anwendung der Planungsmethode gerade auch für die Medizintechnik Pionierarbeit innovativer Planungsbüros. Die direkte Übernahme der Geräteparameter von den Herstellern erweise sich als problematisch. Die entsprechenden 3D-Objekte - so sie denn zur Verfügung stehen - seien zu detailliert und damit meist aus datentechnischer Sicht zu groß, um im BIM-Modell as-built weitergeführt zu werden. mtp arbeitet deshalb über alle Leistungsphasen mit herstellerneutralen „Geräte-Avataren“, die es aufwändig zu erarbeiten gilt.

Luft nach oben

BIM hat das Planen und Bauen in den zurückliegenden Jahren bereits in vielerlei Hinsicht optimiert: 3D-Darstellungen machen es den späteren Gebäudenutzern leichter, funktionale Arbeitsplätze zu gestalten, Kollisionsprüfungen bewahren vor unliebsamen und teuren Überraschungen in der Umsetzungsphase, die Kommunikation wird deutlich verbessert. Klar ist aber auch: Beim BIM ist noch viel Luft nach oben. Eine modellbasierte Terminplanung, die simuliert, was geschieht, wenn es zu Verzug bei der Montage einzelner Gewerke auf der Baustelle kommt, ist noch Zukunftsmusik. Ebenso der Digitale Zwilling, welcher über Sensorik mit dem physischen Gebäude verbunden ist und sein Verhalten dem „Echten“ in live anpassen kann.

Maria Thalmayr
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Bild von mtp Planungsgesellschaft für Medizintechnik mbH