FKT-Online-Seminar: Kaltwasser-Zirkulation – Erhaltung der Hygiene und nachhaltiger Umgang mit Trinkwasser
Die Einhaltung vorgegebener Temperaturen ist ein entscheidender Hebel, um ein Wachstum von Mikroorganismen in Trinkwasserinstallationen zu verhindern. Zunehmend schwierig gestaltet sich diese Aufgabe für das Kaltwasser. Spülend große Wassermengen zu verwerfen, kann nicht die Lösung für die Zukunft sein.
Hygienisch einwandfreies Trinkwasser setzt ein stimmiges Ganzes aus unterschiedlichen entscheidenden Bedingungen voraus:
- Stagnationszeiten sollten vermieden werden. Fließwege sollten möglichst kurz und der Rohrleitungsinhalt gering sein.
- Kaltes Wasser muss kälter als 25 Grad, besser sollte es sogar kälter als 20 Grad sein. Denn unter 20 Grad sind kaum Keime nachweisbar. Warmes Wasser darf nicht kälter als 55 Grad sein.
- Durch regelmäßiges Zapfen muss das Wasser kontinuierlich, mindestens jedoch alle 72 Stunden, komplett ausgetauscht werden.
- Es müssen Materialien verwendet werden, die keine oder möglichst wenig Nährstoffe abgeben.
Das Wasser kommt schon wärmer an
„Wichtigste Maßnahme ist bei alldem die Einhaltung der geforderten Temperaturen“, sagte Simon Wibbeke. Der Produktmanager bei Wilo betonte beim FKT-Online-Seminar „Kaltwasser-Zirkulation – Erhaltung der Hygiene und nachhaltiger Umgang mit Trinkwasser“: „Keine Maßnahme erzielt im Sinne der Hygiene bessere Ergebnisse als die Einhaltung oder besser noch Übererfüllung der Temperaturvorgaben“. Galt das Augenmerk bei dieser Aufgabe in der Vergangenheit hauptsächlich den Warmwasserleitungen, wird aktuell mehr und mehr das Kaltwasser zum Sorgenkind: Durch den Klimawandel kommt es oft schon viel wärmer als vorgesehen an den Hausanschlüssen an. Höhere Rohwassertemperaturen in Seen und Talsperren, steigende Bodentemperaturen, verringerte Verlegungstiefen und immer mehr Wärmequellen im Untergrund haben die Temperatur des am Hausanschluss ankommenden Wassers auf durchschnittlich 14,2 Grad steigen lassen. Die offizielle Planungsvorgabe liegt indes bei 10 Grad. Er kenne aber auch Krankenhäuser, in denen das Wasser im Sommer schon mit über 20 Grad ankommt. Entsprechend schwierig sei es, die Temperaturen im Installationsnetz der betroffenen Kliniken auf unter 25 Grad zu halten, berichtet Wibbeke.
Erschwert wird diese Aufgabe durch tradierte Routinen der Installationsplanung. Zum Beispiel durch eine Verlegung der Kaltwasserleitungen in Lüftungskanälen oder in Schächten gemeinsam mit elektrischen und anderen Wärmequellen. Dazu kommen lange Stagnationszeiten - oft verursacht durch Nutzungsänderungen, die zur Folge haben, dass Nasszellen nicht wie geplant gebraucht werden - und Umgebungstemperaturen von häufig mehr als 25 Grad.
Wasser mit Bedacht nutzen
Krankenhausbetreiber begegnen diesem Dilemma bisher hauptsächlich mit temperaturgesteuerten Spülmaßnahmen. Für so manches Haus kann dieser Lösungsansatz jedoch sehr hohe Wechselraten und Wasserverwürfe nach sich ziehen. Wibbeke erörterte das anhand eines Beispiels aus dem BTGA Praxisleitfaden „Wie halte ich kaltes Wasser kalt?“. Hier wird ein Krankenhaus beschrieben, das mit 12 erforderlichen Wasserwechseln am Tag 2628 Kubikmeter Wasser im Jahr ungenutzt in die Kanalisation spülte – ein olympisches Spülbecken voll! Kostenpunkt: Bei einem Wasserpreis von 4,4 Euro pro Kubikmeter 11.563,2 Euro pro Jahr.
Als Alternative präsentierte Wibbeke den Teilnehmern eine aktive Kühlung des Kaltwassers mithilfe einer zentralen Kühlanlage, durch die das zu einer Ringleitung zusammengeschlossene Kaltwasser zirkuliert. Für diese Anwendung bietet Wilo das Trinkkaltwassersystem Wilo-SiFresh an, welches das Wasser in der Trinkwasserinstallation stets zirkuliert und dabei kontinuierlich die Temperatur überwacht. Die Nachrüstung der Anlage kostete das beschriebene Beispielkrankenhaus 23.300 Euro. Die für Kühlung und Zirkulation eingesetzte Energie liegt im Jahr bei 1.057,52 Euro (bei einem Energiepreis von 13 Cent pro kWh). Der Wasserwechsel kann durch diese Maßnahme wie durch die Trinkwasserverordnung vorgegeben alle 72 Stunden stattfinden und senkt damit die Kosten für das Spülwasser auf 321,20 Euro pro Jahr. Im Vergleich zu temperaturgesteuerten Spülmaßnahmen konnte so eine Wassereinsparung von 97% erzielt werden.
Die Amortisationszeit für die nachgerüstete Kaltwasser-Zirkulation liegt in diesem zweifellos extremen Beispiel bei 2,3 Jahren und verlängert sich auch bei den aktuell gestiegenen Strompreisen nur unerheblich, da diese nur einen sehr kleinen Anteil im Gesamtpaket ausmachen. Wibbeke betont: „Wirtschaftlichkeit ist bei der Temperaturhaltung in der Kaltwasserinstallation jedoch nur eine Seite der Medaille. Sehr viel wichtiger ist es, eine zunehmend knapper werdende Ressource mit Bedacht zu nutzen: unser wichtigstes Lebensmittel Trinkwasser.“
Als passive Maßnahme zur Gewährleistung von Wassertemperaturen unter 25 Grad oder besser sogar unter 20 Grad empfahl Wibbeke zusätzlich möglichst kühl temperierte Hausanschlussräume und eine konsequente Trennung von Kaltwasserleitungen zu wärmeführenden Systemen. Diese Trennung sollte auch an den Armaturen am Waschbecken umgesetzt werden: kalte Leitungen unten, warme Leitungen oben. Für weitere Maßnahmen verwies Wibbeke auf den BTGA-Praxisleitfaden „Wie halte ich Kaltwasser kalt?“, der für 55,90 Euro erhältlich ist.
Maria Thalmayr
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Bild von WILO