FKT-Online-Seminar: Energiespar-Contracting – Modelle, Herausforderungen und Chancen
Konnte man vor 10 Jahren mit klassischem Energiespar-Contracting (ESC) noch Einspargarantien von über 30 Prozent erzielen, liegen die Einsparpotenziale und damit auch die Garantien heute häufig deutlich niedriger. Um risikofrei Kosten und CO2 einzusparen, ist Energiespar-Contracting aber immer noch ein lohnendes Finanzierungsmodell.
Die heute niedrigeren Einspargarantien sind darauf zurückzuführen, dass einfache Maßnahmen zur Effizienzsteigerung häufig bereits umgesetzt wurden. Während das klassische Energiespar-Contracting ausschließlich durch die Energiekosteneinsparung refinanziert wird, kann mit einem – unter Umständen geförderten - Baukostenzuschuss die Einspargarantie gesteigert werden.
Zusätzlich zu den erforderlichen Investitionen erhalte man von der Dienstleistungsfirma, dem Contractor, sehr viel Wissen und Erfahrung in Sachen Energieeffizienz und zeitgemäße Technologien, erklärte Mechthild Zumbusch, Bereichsleiterin der Berliner Energieagentur beim FKT-Online-Seminar „Energiespar-Contracting: Modelle, Herausforderungen und Chancen“. Es sei enorm wichtig, den Energiespar-Partner sorgfältig zu prüfen. In dieser langfristigen Partnerschaft sollte eine gute Zusammenarbeit gewährleistet sein. Dabei ist es entscheidend, dass beide Seiten fair und vertrauensvoll miteinander umgehen, um beiderseits von der Kooperation zu profitieren.
Die Luft wird dünner, reicht aber immer noch zum Atmen
Das Prinzip ist einfach: Der Contractor detektiert, plant und übernimmt alle für die angestrebte Energie- und CO2-Ersparnis notwenigen Maßnahmen sowie damit einhergehende Investitionen und garantiert dem einsparwilligen Krankenhaus damit eine feste jährliche Energiekostenersparnis. Ausgangswert, die sogenannte Baseline, sind die Energiekosten in den Jahren vor Vertragsabschluss – in der Regel wetterbereinigt. Da die Technischen Leiter in den meisten Kliniken in den zurückliegenden Jahren bereits viele, vor allem schnellen Erfolg versprechende und geringinvestive Maßnahmen in Eigenregie umgesetzt haben, wird die Luft für Contractoren dünner. Mit ihrer Erfahrung und einem etwas längeren Atem, könnten sie in aller Regel aber immer noch Einsparpotenziale von rund 20 Prozent realisieren und garantieren, so Zumbusch. Möglich werde das nicht zuletzt durch technischen Fortschritt. GLT sei zum Beispiel häufig nicht mehr zeitgemäß. Eine Neuauflage oder Modernisierung im Rahmen eines ESC könne sich immer noch lohnen. Innovative digitale Technologien ermöglichen hier beachtliche Einsparungen. Dazu kommen die Nutzung von PV, Wärmepumpen und viele andere neue oder optimierte Systeme.
Für diesen vom Contractor ermöglichten Innovationsschub entrichtet das Krankenhaus während der Vertragslaufzeit feste Contracting-Raten. Ob der Auftraggeber bereits während der Vertragslaufzeit von den Einsparungen profitiert, ist abhängig von den Festlegungen im Contracting-Vertrag. Die neuen Technologien und Anlagen gehen nach Umsetzung der Effizienzmaßnahmen in das Eigentum des Krankenhauses über. Die Abnahme der Systeme und Anlagendaten nach Vertragslaufzeit sollte im Vorfeld eindeutig geregelt sein. Einen ESC-Leitfaden mit ausführlichen Informationen über den Ablauf eines ESC-Projekts sowie Musterunterlagen für die Ausschreibung und Muster-Verträge stellt die Deutsche Energie-Agentur (dena) auf der Website ihres Kompetenzzentrums Contracting kostenfrei zur Verfügung: www.dena.de/kompetenzzentrum-contracting/material-tools/standardleitfaeden/
Ein Projektentwickler hilft
Die im Idealfall offen gehaltene Ausschreibung ist im Grunde ein Ideen-Wettbewerb: Wer identifiziert die lohnendsten Maßnahmen? „Krankenhäuser kaufen sich so neben den erforderlichen Investitionen sehr viel Know-how ein. Natürlich gehe es dabei auch um Personalentlastung“, sagt Zumbusch, „es sollte aber allen klar sein, dass die Zusammenarbeit mit einem Contractor auch Manpower und Kompetenz im eigenen Haus erfordert.“ Man muss den Contractor mit den vorhandenen Anlagen und Systemen vertraut machen, Daten zuliefern und letztlich auch kontrollieren oder zumindest verstehen können, was er macht.
Im Sinne einer optimalen Abwicklung riet die Expertin allen an einem Contracting interessierten Krankenhausbetreibern, einen erfahrenen und geprüften ESC-Beratenden als Projektentwickler einzubinden. Der unterstütze mit sehr viel Expertise und Wissen den kompletten Prozess. Beginnend bei der Entscheidung, ob ein Contracting überhaupt Sinn macht, über die Ausschreibung, die Auswahl des passenden Contractors und die Vertragsgestaltung bis hin zu einer optimalen Zusammenarbeit der beiden Parteien. Bei Problemen kann der Projektentwickler zudem die Rolle eines Mediators übernehmen. Bis Ende August 2025 können ESC-Beratende sogar von der dena im Rahmen des Modellvorhabens „Co2ntracting: build the future!“ finanziert werden. Wer noch davon profitieren möchte, müsste den Antrag inklusive Nachweises einer Orientierungsberatung schnell – bis Ende April – stellen. Zumbusch hofft, dass es eine Neuauflage dieses Modellvorhabens gibt.
Der Bestand des Hauses muss gesichert sein
Wichtigste Voraussetzung für das Zustandekommen eines Contracting-Vertrags und für eine gute Zusammenarbeit zwischen den Parteien ist Bestandssicherheit. Will heißen, der Auftraggeber sollte während der Vertragslaufzeit keine größeren Umbaumaßnahmen oder Nutzungsänderungen planen und vornehmen. Andernfalls ist eine Energieeinspargarantie nicht möglich. Außerdem müssen sowohl ein ausreichendes Einsparpotenzial als auch ein guter Mix aus geringinvestiven und erforderlichen, aber weniger rentablen Maßnahmen vorhanden sein, die das Contracting letztlich für den Geld- und Know-how-Geber lukrativ machen. Weitere Erfolgsfaktoren sind eine sinnvolle Abgrenzbarkeit der Gebäude und Anlagen durch eine hinreichende Zählerstruktur und ganz wichtig: klare Vorgaben und Schnittstellen. Auf keinen Fall sollten die Einsparungen Komforteinschränkungen wie zu geringe Betriebstemperaturen oder Ähnliches nach sich ziehen. Nutzungsänderungen wie die Beschaffung neuer Geräte und Anlagen sollten bewertbar sein. Vor allem müsse man aber auch menschlich miteinander klarkommen, kompromissbereit und offen für Neues sein. Denn ein bisschen unbequem sind Veränderungen ja letztlich immer.
Maria Thalmayr
Hier geht es zur Aufzeichnung
Die Präsentation kann bei der FKT-Geschäftsstelle angefordert werden: fkt(at)fkt(dot)de