FKT-Online-Seminar: E-Mobilitätsangebote - ein Muss für alle Krankenhäuser
Nur 5 Prozent aller Ladesäulen in Deutschland stehen aktuell in einem Krankenhaus. Das verwundert nicht: Der Einstieg ins Ladegeschäft ist Pionierarbeit. Zahlreiche Sicherheitsfragen bedürfen einer Einzelfallregelung. Wegen der hohen Investitionen ist ein rentabler Betrieb schwierig.
E-Ladesäulen sind damit derzeit also in erster Linie ein „Goodie“ für die Nutzer – zweifellos jedoch eines mit Magnetwirkung. Denn: Mit der rasant zunehmenden Zahl an E-Autos steigt auch der Bedarf an E-Zapfsäulen. Während der Schicht, eines Krankenbesuchs oder eines Untersuchungstermins bequem das neue E-Mobil auftanken zu können, wünschen sich immer mehr Mitarbeiter, Patienten und Besucher. Vor allem als Arbeitgeber sind die Krankenhäuser mit einem entsprechenden Angebot in der Pflicht.
Die Technik steht
Von technischer Seite scheint es zunächst unkompliziert, diesen Bedarf zu decken. Viele Krankenhäuser betreiben PV-Anlagen oder Blockheizkraftwerke und könnten ihre Ladesäulen sogar mit regenerativ beziehungsweise sehr effizient erzeugtem Strom aus ihren Eigenerzeugungsanlagen speisen – gegebenenfalls mit Batterieanlagen als Puffer. Beginnend bei den in der Regel privat genutzten Wallboxes mit 11 KW, die mit 5 bis 16 Stunden Ladezeit jedoch allenfalls für Mitarbeiterparkplätze interessant sind, über 22 kW-Anlagen mit 2 bis 4 Stunden Ladezeit hin zu 150-kW-Schnellladestationen, die die Autobatterie in nur 30 Minuten wieder startklar machen, ist im Krankenhaus das ganze Spektrum an Ladesäulen möglich. Standards für Stecker und Ausführung der E-Tankstellen legt die Ladesäulen-Verordnung in einer ganz neuen Version von 2021 fest.
Knackpunkt Abrechnung
Wie viel Strom die E-Autos aus dem Krankenhausnetz ziehen, lässt sich steuern und damit ungewollte Spitzen vermeiden. Der Ladeplatz des Vorstandsvorsitzenden kann priorisiert werden, während andere Zapfsäulen weniger Strom abgeben, auch Autos mit sehr geringer Ladung können denen, die noch „Saft haben“, vorgezogen werden. Das Lastenmanagement sei zweifellos ein großes Thema, räumte Florian Günther, bei Canzler zuständig für Haustechnikplanung im Bereich Elektrotechnik, beim Online-Seminar „E-Mobilitätsangebote - ein Muss für alle Krankenhäuser“ ein. Nicht frei von Tücken sei darüber die Abrechnung. Werden die Anlagen von den Klinikträgern oder Tochtergesellschaften selbst betrieben, müssen diese Stromlieferlizenzen erwerben. Damit werden sie Verteilnetzbetreiber mit allen Rechten und Pflichten. Alternativ könnten die Krankenhäuser einen Dritt- oder Fremdanbieter mit ins Boot holen. „In jedem Fall sind die Investitionen in die Ladeinfrastruktur jedoch so hoch, dass sich diese über die Einnahmen aus dem Stromverkauf nur schwerlich trägt“, erklärte Günther im Frageteil. Sein Fazit: „Derzeit sind noch eine gute Portion Idealismus oder zumindest marketingtechnisches Kalkül erforderlich, um einen Beitrag zur Ladeinfrastruktur zu leisten.“
Fördermittel reichen nicht
Zwar gebe es Fördermittel wie das Programm „Ladeinfrastruktur vor Ort“ vom 24.03.2021 mit einem Fördervolumen von 300 Millionen Euro oder das Programm „Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland“, in dem das BMVI seit dem Sommer 2021 bis Ende 2025 insgesamt nochmals 500 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Diese Programme decken jedoch – wie so oft - nur einen Teil der tatsächlichen anfallenden Kosten. Völlig unberücksichtigt bleibe von den Fördermitteln beispielsweise die kommunikative Anbindung der Ladesäulen, die erforderlich ist, um die Ladevorgänge erfassen, steuern und abrechnen zu können, ebenso eine Sicherung der E-Ladesäulen durch Videoüberwachung oder die zwingend erforderliche gute Ausleuchtung.
Noch viele Ungereimtheiten
In vielen Punkten ungeklärt seien darüber hinaus Sicherheitsaspekte. Brandschutz und das Management weiterer Risiken bedürften bislang noch Einzelfallklärungen mit der Feuerwehr und Sachversicherern. Alles in allem erzeugte Günther mit seinen Ausführungen eher Skepsis als Aufbruchstimmung. Und doch werden die Krankenhäuser, die die beschriebenen Klippen als erste umschiffen und effiziente Ladesäulen anbieten, einen Wettbewerbsvorteil haben.
Maria Thalmayr