FKT-Online-Seminar: Die Zukunft der Kältemittel
„Wo immer möglich, würde ich auf natürliche Kältemittel setzen. Kältemittel mit einem hohen GWP-Wert werden sukzessive vom Markt verschwinden. Ab 2050 darf überhaupt kein F-Gas mehr in die EU eingeführt werden. Als Alternativen bleiben Ammoniak, CO2 und Propan.“
Die Themen Kühlung und Klimatisierung werden damit zunehmend anspruchsvoll, avisierte Christoph Brauneis beim FKT-Online-Seminar „Kälte- und Klimatechnik im Umbruch – die novellierte F-Gase-Verordnung und das geplante PFAS-Verbot“. Klar, es gibt immer Alternativen. Die Brennbarkeit natürlicher Kältemittel dürfte jedoch vor allem für einen Einsatz in Gesundheitseinrichtungen nicht unproblematisch sein, führte der Beauftragte für Politik und Medien beim Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe e.V. (VDFK) und der Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik weiter aus. Ob der Umstieg auf halogenfreie Kältemittel aus Sicht des Klimaschutzes immer und überall sinnvoll ist? Das steht auf einem anderen Blatt. Denn: Die Summe der direkten (durch Kältemittel-Leckagen) und indirekten Emissionen (durch Energieverbrauch) einer Kälte- oder Klimaanlage – der sogenannte TEWI-Wert – werde in der F-Gase-Verordnung so gut wie gar nicht betrachtet. Als Umweltsicht sei das mitunter kontraproduktiv.
Das PFAS-Verbot lässt nicht mehr viele Kältemittel übrig
Die Nutzung halogenhaltiger Substanzen wie Kältemittel wird aktuell nicht nur durch die novellierte F-Gase-Verordnung reglementiert. Zusätzliche Einschränkungen erwachsen diesen Stoffen aus dem geplanten PFAS-Verbot im Rahmen der europäischen Chemikalienverordnung (REACH-Verordnung). Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) zeichnen sich durch eine besondere Beständigkeit aus und werden deshalb auch als sogenannte Ewigkeitschemikalien bezeichnet. PFAS sind wasser-, öl- und schmutzabweisend, nicht brennbar, halten hohen Temperaturen, Strahlung, Chemikalien, Seewasser und Druck stand. Sie sind gute Isolatoren sowie Schmiermittel und wirken oberflächenaktiv. Diese Eigenschaften zeichnen PFAS für die Verwendung in zahlreichen Produktsparten aus. Die wohl bekannteste ist als Teflon auf Pfannen oder Sportbekleidung. Was PFAS für Hersteller verschiedenster Artikel attraktiv macht, schafft in der Umwelt Probleme: Hier reichern sich PFAS an – vor allem auch als Trifluoressigsäure (TFA), dem Abbauprodukt fluorierter Kältemittel.
„Es gibt mehr als 10.000 verschiedene PFAS, und nicht alle sind gleichermaßen schädlich oder gefährlich“, erklärte Brauneis. Dennoch sollen durch die REACH-VO alle verboten werden. Für manche Anwendungen könnten Ausnahmen gemacht werden – für welche ist derzeit jedoch noch offen. Unzählige Produkte – auch viele Medizinprodukte, Medikamente wie treibgashaltige Asthmasprays oder auch Handfeuerlöscher - müssten dadurch völlig neu gedacht und konzipiert werden. Ob es für jede Anwendung Alternativen gibt, sei fraglich. Daher wurde ein im Februar 2023 veröffentlichter Vorschlag der neuen REACH-VO mit Einsprüchen regelrecht bombardiert. Deren Bearbeitung dauert. Vor 2028 rechnet Brauneis daher nicht mit einer offiziellen Veröffentlichung des Rechtsaktes. Nach dessen Inkrafttreten bleiben 18 Monate Übergangsfrist. Fristverlängerungen soll es für Anwendungen geben, für die Alternativen noch nicht einsatzbereit sind oder in ausreichender Menge zur Verfügung stehen (6,5 Jahre), oder für Anwendungen, für die bisher keine Alternativen in Sicht sind (13,5 Jahre). Neu sind sektorspezifische Ausnahmen bei unverhältnismäßigen sozioökonomischen Auswirkungen. Hier könnten auch unbegrenzte Fristen gewährt werden.
VDFK fordert Ausnahmeregelung für Kältemittel
PFAS sind auch in vielen Kältemitteln enthalten, als Reinstoff oder als Bestandteil von Gemischen. Das geplante PFAS-Verbot würde deren Nutzung nun zusätzlich zur F-Gase-Verordnung erheblich einschränken. Wendet man das PFAS-Verbot auf die noch erhältlichen und gängigen Kältemittel an, bleiben nicht mehr viele übrig. Für Wartung und Service von Bestandsanlagen gelten hier verlängerte Übergangsfristen. Sie dürfen noch 13,5, Jahre mit PFAS-haltigen Kältemitteln nachgefüllt werden. Wo nationale Sicherheitsstandards und Bauvorschriften die Verwendung von Alternativen verbieten, gilt die Ausnahmeregel unbefristet. Der VDFK fordert in seiner Stellungnahme zum PFAS-Verbot gemeinsam mit anderen Fachverbänden, fluorierte Kältemittel komplett auszunehmen, da diese ohnehin schon durch die F-Gase-VO reglementiert werden. Darüber hinaus fordern die Verbände die Auswirkungen von Trifluoressigsäure (TFA) genauer zu untersuchen.
Die F-Gase-VO erzeugt Handlungsbedarf
Parallel zum geplanten PFAS-Verbot läuft der sogenannte Phase-Down von fluorierten Kältemitteln durch die F-Gase-VO, das bis 2050 auf Null gesetzt wird. 2025 darf in Gesamteuropa noch ein CO2-Äquivalent von 42.874.410 Tonnen durch fluorierte Kältemittel in den Verkehr gebracht werden, abzüglich der Tonnagen von Dosiersprays wohlgemerkt, die bislang nicht in der Quote enthalten waren und mit 8 bis 10 Millionen Tonnen im Jahr zu Buche schlagen. Erreicht wird dieser Phase-Down, indem die Gesamtmenge an in den Verkehr gebrachten F-Gasen sukzessive heruntergefahren wird. Inverkehrbringer haben feste Quoten. Der Schwarzmarkt indes floriert oder sollte man sagen “fluoriert“. Für Krankenhäuser kann das aber nicht die Lösung sein. Wenn tatsächliche eine Leckage auftritt, ermöglichen derzeit noch recycelte Kältemittel eine Wiederbefüllung mit der gewohnten Chemikalie. Diese wiederaufbereiteten Kältemittel werden jedoch nicht zeitlich unbegrenzt zur Verfügung stehen. Im Sinne der Betriebssicherheit sollten daher auch Betreiber von noch voll funktionstüchtigen Kälteanlagen über einen zukunftsfähigen Ersatz nachdenken, wenn nicht garantiert ist, dass das benötigte Kältemittel langfristig zur Verfügung steht. 2030 soll es eine Überprüfung der novellierten F-Gase-VO geben. Bis dahin abzuwarten, ist aber sicher keine gute Entscheidung. Handlungsbedarf besteht jetzt!
Neu geregelt wurden mit der novellierten F-Gase-VO außerdem die Fristen und Voraussetzungen für regelmäßige Kontrollen der Dichtigkeit. Neu ist: Auch Anlagen mit Kältemitteln aus Anhang II Gruppe 1 (HFO) müssen künftig auf Dichtigkeit geprüft werden, wenn sie mindestens 1 kg Füllmenge haben. Die Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik (BFS) hat eine Tabelle erarbeitet, die auflistet, wie oft welche Anlagen auf Dichtigkeit geprüft werden müssen. Diese Tabelle steht unter www.bfs-kaelte-klima.de im Bereich „Downloads – Merkblätter“ kostenlos zur Verfügung.
Neu ist ferner, dass nach der Reparatur einer Leckage der Erfolg der Reparatur erst nach 24 Stunden geprüft werden kann. Das heißt, die Service-Firma muss in jedem Fall zweimal anfahren. Wie ökologisch das ist, sei hier mal dahingestellt. Wer an einer Kälteanlage arbeitet, muss dafür zertifiziert sein.
AVV „Sozial und umweltbezogen nachhaltige Beschaffung“
Als Referentenentwurf hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nun auch noch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift vorgestellt, die eine Negativliste für Produkte enthält, die in öffentlichen Vergabeverfahren aus Umweltschutzgründen nicht mehr beschafft werden dürfen. Dazu gehören Multisplit-/VRF-Klimageräte mit mehr als 10 kW Nennkälteleistung, Flüssigkeitskühler mit mehr als 10 kW Nennkälteleistung mit Kältemittel GWP ≥ 150 sowie Kühl- und Gefriergeräte außerdem sonstige stationäre und mobile Kälte- und Klimaanlagen mit halogenierten Kältemitteln. Auch diese Verwaltungsvorschrift könnte für Krankenhäuser überaus problematisch werden. Der VDKF hat gemeinsam mit dem BTGA und dem FGK Einspruch erhoben.
Maria Thalmayr
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