FKT-Online-Seminar: Delir-Prävention durch ein Healing Environment
Während sich medizinische Behandlungsmethoden in den zurückliegenden Jahren enorm verbesserten, erlebten bauliche und infrastrukturelle Parameter in Gesundheitseinrichtungen nicht mal ansatzweise einen adäquaten Fortschritt. Dabei könnte und müsste das Umfeld den Heilungserfolg in vielerlei Hinsicht enorm unterstützen. Vieles was hier heute möglich ist, wird beharrlich nicht genutzt.
Ein altbekannter und dennoch kontinuierlich ignorierter Störfaktor in Kliniken landauf landab ist Lärm. Mit bis zu 80 dB in den Spitzen ist es in den meisten Intensivstationen viel zu laut. Dies sei nicht weit weg von der Geräuschkulisse einer Hauptverkehrskreuzung mit 85 dB, erklärte Dr. Björn Werner beim FKT-Online-Seminar „Delir-Prävention durch ein Healing Environment für Intensiv- und Patientenzimmer“. Empfohlen sind tagsüber 40 dB und nachts 30 dB.
Ruhe im Karton!
Das Konzept einer sogenannten stillen Intensivstation sei jedoch nur selten umgesetzt. Dabei lassen sich die durchschnittlich 350 Alarme pro Bett und Tag – in Spitzen sind es sogar 770! – längst problemlos auf mobile Geräte beim Personal oder Schwesternstützpunkte umleiten. Damit sei schon ein Teil des Problems gelöst, führte der Division-Manager Health bei der HT Health Tec GmbH weiter aus. Akustische Decken, asymmetrische Raumkonzepte, die verhindern, dass der Schall an den Wänden reflektiert wird, und textile Gewebe sorgen darüber hinaus für Ruhe am Patientenbett. Gleichzeitig schaffen diese leicht umsetzbaren architektonischen Elemente in Verbindung mit natürlichen Materialien die Wohlfühlumgebung, die der Patient für eine schnelle Rekonvaleszenz braucht. Türen wirken ebenfalls schallisolierend, um die Betriebsamkeit des Krankenhausalltags auszusperren. Mit großzügigen Glaselementen ermöglichen sie die Überwachung der Patienten von außen. So werden die Genesenden nicht immer wieder gestört, wenn es beispielsweise nur darum geht, Vitalfunktionen zu überprüfen. Die sollten auf einem großen Monitor von außen abzulesen sein.
Es werde Licht!
Wichtig ist für die Delir-Prävention – eine der häufigsten und teuersten Komplikationen vor allem auf Intensivstationen - neben einem ungestörten Schlaf die tageszeitliche Orientiertheit der Patienten. Zirkadiane Beleuchtungskonzepte, die den Temperatur- und Intensitätsverlauf des Tageslichts simulieren, sind seit einigen Jahren auf dem Markt. Um die entsprechenden Rezeptoren im Auge zu erreichen, spiele neben ausreichender Lichtintensität (mindesten 2000 Lux) der Einfallswinkel eine entscheidende Rolle. Bei liegenden Patienten sollte das Licht daher nicht nur von oben, sondern von schräg hinten auf das Auge treffen, erklärte Co-Referent Thomas Koching, von HT Systems. Dass das Licht blendfrei sein sollte, versteht sich von selbst. Für ein absolutes No-Go hält der Planer sternförmige Lüftungsauslässe direkt über dem Patientenbett – ein auf fast allen Intensivstationen anzutreffendes Technikelement. Die werden in den Augen von Intensivpatienten regelmäßig zu furchterregenden Riesenspinnen.
Ein Gästebett im Intensivzimmer
Schwerstkranke so schnell wie möglich in Kontakt mit ihren Liebsten zu bringen, ist heilsamer als so manche Pille. Große Monitore für Videokonferenzen oder besser noch ein ausklappbares Gästebett im Intensivzimmer oder in der Normalpflege erzeugen mit kleinem Aufwand große Wirkung. Genug Platz um das Bett herum, mehr Einzelzimmer und Isolierbereiche sollten spätestens seit Corona zum Klinikalltag gehören, ebenso wie Lifter und moderne Betten, die eine schnelle Mobilisierung der Schwersterkrankten ermöglichen.
Auch das Personal profitiert
Dass von einem Healing Environment nicht nur die Patienten, sondern auch das Personal profitiert, belegen verschiedene Studien. Mehr Zufriedenheit und geringere Krankenstände sind in Zeiten akuten Fachkräftemangels Effekte, auf die zu verzichten sich eigentlich kein Betreiber mehr leisten kann. Von den Einsparungen durch kürzere Verweilzeiten und weniger Komplikationen ganz zu schweigen.
Maria Thalmayr
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Bildquelle: HT Group