FKT-Online-Seminar: Automatisation in der AEMP
Weitestgehende Standardisierung und Datendurchgängigkeit sind Eckpfeiler einer auf dem Stand der Technik automatisierten AEMP im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH). Robotik tut, wo möglich, ein Übriges für eine effiziente und (zukunfts-)sichere OP-Versorgung.
Umfassende Neubaumaßnahmen an den Standorten Lübeck und Kiel waren einem engagierten Projektteam am UKSH Anlass, die OP-Versorgung völlig neu zu denken. Natürlich ging es dabei um Wirtschaftlichkeit, aber bei Weitem nicht nur. Mehr Sicherheit - durch die Minimierung menschlicher Fehler, durch eine optimierte Verfügbarkeit und Prioritätensteuerung sowie durch eine verringerte Abhängigkeit von verknappendem Fachpersonal - und eine gesteigerte Ergebnisqualität waren weitere wichtige Ziele des ambitionierten Vorhabens, wie Joß Giese, OP-Manager am UKSH-Campus Kiel, beim FKT-Online-Seminar „Automatisation der AEMP – Die Zukunft der OP-Versorgung“ ausführte.
Effizienz und Flexibilität durch Vereinheitlichung
Standardisiert wurden in den Universitäts-Kliniken im Sinne maximaler Flexibilität nicht nur die 30 überwiegend neu gebauten OP-Säle je Campus. Bis auf wenige Ausnahmen für spezielle Eingriffe sind sie alle identisch und mit einer einheitlichen Basisausstattung ausgerüstet. Auch die zum Einsatz kommenden Materialien sowie die Versorgungslogistik wurden so weit wie möglich vereinheitlicht. Als vorkonfigurierte auf die jeweiligen Eingriffe abgestimmte „Sets“ werden OP-Siebe und Verbrauchsmaterialien mit einem durchdachten Fallwagensystem just in time an den Ort des Geschehens geliefert. Darüber hinaus stehen im OP-Trakt sogenannte Tageswagen mit Materialien bereit, die für die geplanten Operationen zusätzlich erforderlich sind, hinsichtlich der jeweiligen Größe und Menge aber nicht vorhergesagt werden können. Auch ein versiegelter Notfallwagen mit allem, was im Ernstfall gebraucht wird, steht den Operateuren zur Verfügung. Weitere Notfallwägen können bei Bedarf innerhalb von 15 Minuten maßgeschneidert für die erforderlichen Eingriffe geliefert werden.
Homogene Softwarelandschaft
Für die Steuerung des Fallwagensystems wurden im UKSH bisher - wie in den meisten Kliniken - als Insellösungen betriebene Softwaresysteme miteinander verknüpft: KIS und OP-Planung, die Systeme für Materialwirtschaft, AEMP-Lager und Kommissionierung, die Reinigungs- und Desinfektionsgeräte sowie das Instrumenten- und Fallwagenmanagement sind nunmehr in der Lage zu interagieren. Alle Mitarbeiter arbeiten nur in ihrer Heimatsoftware, Materialstammdaten für Verbrauchs- und wiederverwendbare Materialien werden nur in einem System geführt und dienen allen als gemeinsame Basis. Die Daten für die Eingriffe selbst werden im KIS vorgehalten und lösen die erforderliche Logistikkette aus. Ärzte können auch zusätzliche, in den Standard-Sets nicht enthaltene Materialien für ihre OPs bestellen. Das System teilt den Anwendern mit, welche Kosten durch den Materialstandard pro Eingriff entstehen und ob diese durch die zur Abrechnung kommenden DRGs gedeckt sind. Diese Kostentransparenz führe zu einem weit bewussteren Einsatz der kostenintensiven Medikalprodukte und ermögliche eine in die Zukunft gerichtete Steuerung der Materialkosten, berichtete Giese.
Mit der Kraft von zwei Herzen
Die zwei Herzen der OP-Versorgung schlagen in den Zentralsterilisationen in Lübeck und Kiel, wo derzeit 90.000 beziehungsweise 120.000 Sterilguteinheiten pro Jahr aufbereitet werden – weitestgehend automatisiert. Die installierten Geräte sind auf ein jährliches Produktionsvolumen von 120.000 STE in Lübeck und 150.000 STE in Kiel ausgelegt, so dass auch weitere Abnehmer beliefert werden könnten. Handarbeit erfordert im Aufbereitungsprozess nur noch die Vorreinigung der angelieferten Instrumente, die Chargenfreigabe an der Entladezone der RDGs, das Prüfen, Pflegen und Packen der Instrumente im Packbereich, die Vorkommissionierung der Einzelartikel sowie der Transport der durch die Robotik kommissionierten Fallwagen in den OP. Be- und Entladung der RDGs, die Chargenzusammenstellung, Be- und Entladung der Sterilisatoren, sämtliche Lagerbewegungen im Nachlegelager, Pufferlager und Fallwagenlager sowie alle Transporte innerhalb der ZSVA erfolgen durch den Einsatz von Robotern ohne menschliches Zutun.
Sicher ist sicher
„Sicherheit war bei der Einführung des Systems ein Riesenthema“, so Giese. Um Mitarbeiter nicht zu gefährden, sind die stationären Roboter in abgeschlossenen Plexiglaskabinen untergebracht. Die Transportroboter sind mit Sensoren ausgestattet und stoppen, wenn ihnen etwas im Weg steht. Für den Ausfall einzelner Roboter oder Arbeitsstationen sind Ausfallkonzepte hinterlegt, die eine weitgehende Aufrechterhaltung des Betriebes sicherstellen. Sollte der Strom oder die IT im gesamten Krankenhaus ausfallen, sei letztlich auch der OP-Betrieb beeinträchtig, so dass in diesem Fall ohnehin der komplette Betrieb heruntergefahren werde. Dennoch sei man mit einem automatisierten OP-Versorgungssystem enorm abhängig von einer gut funktionierenden Technik, räumte der OP-Manager ein. Das sei mit ausschlaggebend für zwei getrennte Aufbereitungs-Standorte gewesen. Die AEMP in Kiel und Lübeck dienen sich gegenseitig als Ausfallebenen.
Unterbrochen von unzähligen spannenden Fragen referierte Giese letztendlich kurzweilige zwei Stunden über das zukunftsweisende Projekt, das in diesem Beitrag mit nur einer kleinen Auswahl aus den zahlreichen beeindruckenden Features und Aspekten dargestellt werden kann. FKT-Mitglieder finden die komplette Aufzeichnung auf der Wissensdatenbank. Die Präsentation steht öffentlich auf der FKT-Homepage zur Verfügung. Zur Nachahmung empfiehlt Giese die Automatisation von AEMPs insbesondere bei Neubauprojekten. Im laufenden Betrieb sei dies nur bei temporärer Auslagerung der Aufbereitung zu machen.
Maria Thalmayr
Bilder von Gibotech