FKT-Online-Seminar: 5G-Campuslösung - Projektrealisierung und erste Betriebserfahrungen
Die Neuausschreibung der Telefonie war ausschlaggebend für ein richtungsweisendes Telekommunikations-Projekt der österreichischen Gesundheit Burgenland. Mit 5G wurde weit mehr daraus als nur „Telefonieren“.
Die 12.000 Mitarbeiter des Klinikverbunds (vier Kliniken und die Verwaltung) kommunizieren nun standortübergreifend mit leistungsstarken Smartphones. „Diese mobilen Mini-Computer ermöglichen über Telefonie hinaus eine schnelle Übermittlung von Daten und damit viele weitere praktische Anwendungen wie Krankenhausinformationssysteme, Wunddokumentation, eine Einbindung der Technik sowie Instandhaltung, Alarmübertragung, Office-Programme, und andere“, berichtete Dietmar Reschmann beim FKT-Online-Seminar „5G-Campuslösung: Projektrealisierung und erste Betriebserfahrungen“.
Weit in die Zukunft gedacht
„Um technologieoffen und auch in zehn Jahren – so lange läuft der Vertrag mit dem neuen Partner Cancom - noch auf dem State of the Art zu sein, haben wir bei der Ausschreibung weit in die Zukunft gedacht“, führte der Fachbereichsleiter Technische Facility Services bei der Technischen Direktion der Burgenländischen Krankenanstaltengesellschaft weiter aus. Hohe Übertragungsraten und niedrige Latenzzeiten machen den neuen Mobilfunkstandard zur Schlüsseltechnologie für viele Use Cases: „Digitale Visite, das Internet der Dinge, die Anwendung von Augmented Reality und viele weitere digitale Tools werde durch 5G überhaupt erst, oder zumindest besser nutzbar. Hohe Security-Standards und vor allem auch die NIS-2-Anforderungen seien mit der neuen Technologie zudem leichter zu erfüllen“, erklärte Co-Referent Lukas Scheibler, Key Account Manager Health Care bei Cancom Austria.
Da zunächst offen war, welche Technologie zum Einsatz kommen sollte, wurde das Projekt über einen sogenannten „Wettbewerblichen Dialog“ ausgeschrieben, mit dem Ziel einer Rahmenvereinbarung auf mindestens zehn Jahre. Ausschreibungskriterien waren neben den Kosten die technische Lösung, die Infrastrukturintegration, das Angebot von Helpdesks und Service Portalen sowie die Migration der neuen Lösung im Parallelbetrieb. „Da die Konzerntelefonie der Gesundheit Burgenland schon seit 2001 komplett vergeben war, konnten wir hausintern auf keinerlei Kompetenzen oder Manpower in diesem Gewerk zurückgreifen und waren entsprechend wieder auf der Suche nach einem Komplettanbieter“, so Reschmann. Das Patienteninfotainment wird bei der Gesundheit Burgenland von einem anderen weiteren Partner per Konzessionsvertrag bereitgestellt und ist somit nicht in das 5G-Projekt integriert.
Durch redundante System-Architektur maximal sicher
Das Verlegen der erforderlichen 5G- und LWL-Kabel erfolgte jedoch im Auftrag und koordiniert von der Gesundheit Burgenland. Ebenso wie die notwendige Anbindung der 5G-Komponenten und der Telefonie-Server an die unterbrechungsfreie Stromversorgung. Im Sinne der Versorgungssicherheit wurden sämtliche 5G-Komponenten doppelt ausgeführt. Jeder Standort wird mit zwei Telefonservern in unterschiedlichen, möglichst weit voneinander entfernten Räumen versorgt, die bei einem Ausfall auch jeder für sich den ganzen Standort bedienen könnten. Fallen beide Server aus, können Nachbarstandorte übernehmen. Auch die 5G-Zentralen sind an allen Standorten redundant eingerichtet. Server für Faxdienst, Voicebox und CTI (Computer Telephony Integration) sind im zentralen Rechenzentrum der Gesundheit Burgenland virtualisiert. Entsprechend den NIS-Vorgaben sind die zentralen Telekommunikationssysteme voneinander und zu den Endgeräten getrennt. SIP-Trunkanbindungen an den Provider Magenta gibt es an allen Standorten.
Flotte Umsetzung
Zeitlich lief die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens durchaus sportlich: Nach ersten Projekt-Startgesprächen im Juli 2023 und dem Beginn der Verkabelung im Oktober 2023 gingen die Burgenländer Kliniken schon im Januar 2024 in den Testbetrieb. Das Rollout der Tischgeräte begann im Februar, die ersten 5G-Endgeräte gingen Anfang März an den Start, die Gesamtinbetriebnahme erfolgte vor Kurzem in Dezember. Erste Applikationen wie Telefonbuch, Alarmierung, Enterprise Browser (SAP), Logistiksoftware und Gebäudeleittechnik sowie erste Office-APPs laufen bereits auf den bisher rund 1100 eingesetzten mobilen Endgeräten. Weitere Dienste wie Wunddokumentation und die Einbindung anderer Module aus dem Krankenhausinformationssystem sollen demnächst folgen. Langfristig soll neben der klassischen mobilen EDV-Hardware auch die Medizintechnik in das 5G-Netz eingebunden und das WLAN nicht weiter parallel unterhalten werden.
Maria Thalmayr
> Hier geht es zu den Präsentation "5G für das Gesundheitswesen und andere kritische Bereiche"