Neue Meldepflicht für Abwärme: Bürde statt Nutzen
Die Abwärmeplattform gemäß § 17 des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) soll die Nutzung industrieller Abwärme fördern, indem sie deren Erfassung transparenter gestaltet. Diese als Datenbasis für die kommunale Wärmeplanung auf den ersten Blick sinnvolle Maßnahme entwickelt sich für Krankenhäuser zu einem weiteren Bürokratiemonster ohne echten Mehrwert.
Die erste Meldung musste schon zum 1. Januar 2025 erfolgen. Technische Leiter stehen damit bereits vor der Herausforderung, die neue Berichtspflicht zu erfüllen. Die Krux ist, dass viele Krankenhäuser faktisch jedoch kein verwertbares Abwärmepotential haben. Zum Beispiel produzieren sie oftmals dann relevante Abwärme, wenn sie elektrisch geführte Blockheizkraftwerke (BHKW) auch in den warmen Monaten des Jahres betreiben. In den Sommermonaten ist jedoch der Wärmebedarf in kommunalen Wärmenetzen eher beschränkt, so dass hierin schon der ersten Denkfehler der neuen Verpflichtung liegt.
Daten werden mehrfach erfasst
Über das Marktstammdatenregister ist bereits öffentlich ersichtlich, welche Krankenhäuser BHKWs mit welchen elektrischen Leistungen betreiben. Zudem sind beim Hauptzollamt anhand der Erstattungsanträge nach § 53a Energiesteuergesetz detaillierte Daten über den Gasverbrauch dieser Anlagen verfügbar. Daraus ließe sich die thermische Leistung und damit das Abwärmepotential dieser Anlagen leicht abschätzen. Staatliche Stellen könnten sich daher leicht selbst einen Überblick – zumindest über diesen wesentlichen Teil der anfallenden Abwärme - verschaffen. Doch einfacher erschien es dem Gesetzgeber offenbar, tausende Unternehmen zu weiteren oftmals nutzwertfreien Auskünften zu veranlassen.
Trotz der bereits bestehenden Datenquellen fordert das Gesetz Krankenhausbetreiber nun also dazu auf, Gutachten zum Abwärmepotential erstellen zu lassen, selbst wenn schon im Vorfeld klar ist, dass sie lediglich eine sogenannte "Null-Meldung" abgeben werden. Das verursacht einmal mehr unnötige Kosten für externe Berater und bindet wertvolle personelle Ressourcen, die im Gesundheitswesen ohnehin knapp sind.
Umsetzung mit Verzögerungen und Unklarheiten
Wie bei so vielen gesetzlichen Auflagen wurde auch hier ein nicht ausgegorenes System in die Welt gesetzt. So musste die Freischaltung der Abwärmeplattform bereits mehrfach verschoben werden. Selbst die aktuelle Version enthält zahlreiche Unklarheiten, sodass man sich die berechtigte Frage stellt, warum das Bundeswirtschaftsministerium die Plattform nicht im Vorfeld durch eine Testgruppe aus betroffenen Unternehmen auf seine Praxistauglichkeit hin evaluieren ließ. Ein solches Vorgehen hätte es ermöglicht, Schwachstellen rechtzeitig zu identifizieren und die Plattform praxisgerecht zu optimieren. Stattdessen wird die Verantwortung auf Unternehmen – und damit auch auf Krankenhäuser – abgewälzt, die nun mit einem unausgereiften System arbeiten müssen. Dies führt nicht nur zu erhöhtem Arbeitsaufwand, sondern auch zu Verunsicherung hinsichtlich der korrekten Umsetzung der Meldepflicht.
Zu niedrige Grenzwerte und praxisferne Regelungen
Die Meldepflicht greift bereits ab einem Gesamtenergieverbrauch von 2,5 GWh pro Jahr. Dieser Grenzwert erscheint viel zu niedrig angesetzt. Eine detaillierte Meldepflicht besteht erst, wenn das Abwärmepotential pro Einzelmaßnahme 200.000 kWh und insgesamt 800.000 kWh pro Jahr übersteigt. Zum Vergleich: Um diesen Wert allein durch Schornsteinverluste einer Heizungsanlage zu erreichen, müssten rund 5,3 GWh Erdgas eingesetzt werden. Zusätzlich wird der Grenzwert von 2,5 GWh nicht nur für Erdgas betrachtet, sondern umfasst auch Heizöl, Fernwärme und Treibstoffe.
Warum wurde hier nicht nach dem Paretoprinzip verfahren? Statt sofort zehntausende Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, hätte es Sinn ergeben, zunächst die 20 % der größten Verbraucher zu identifizieren und nur diese zur Meldung zu verpflichten. Das Bundeswirtschaftsministerium hätte durch Nutzung des Marktstammdatenregisters und der beim Zoll verfügbaren Daten eine entsprechende fundierte Vorauswahl treffen können.
Ein weiteres Bürokratiemonster für die Krankenhäuser
Krankenhäuser stehen seit Jahren unter einem erheblichen finanziellen und personellen Druck. „Zusätzliche Meldepflichten, die keinen erkennbaren Nutzen bringen, sind für die Einrichtungen so willkommen wie Kopfläuse. Bevor er eine flächendeckende Verpflichtung erlässt, hätte der Bund erst einmal die großen Universitätskliniken, die ohnehin unter staatlicher Verwaltung stehen und besonders viel Energie verbrauchen, als Pilotprojekte nutzen können, bevor er eine flächendeckende Verpflichtung erlässt“, so Horst Träger, Präsident der Fachvereinigung Krankenhaustechnik e.V.(FKT). Stattdessen werden nun flächendeckend fast alle Krankenhäuser in eine weitere bürokratische Maßnahme gezwungen, die für den Klimaschutz kaum einen Mehrwert bietet. Hier zeigt sich einmal mehr, dass gut gemeint nicht gleich gut gemacht ist.
Oliver Staff, Vorstand der Energie-Admin AG und Mitglied im FKT-Forum Klinikenergie führt aus, welchen Komplexitätsgrad die Regelungen zur Abwärmemeldung erreicht haben. „Die BAFA stellt auf ihrer Homepage den Betroffenen fast 100 Seiten „Lesestoff“ zur Verfügung:
- Merkblatt für die Abwärmeplattform mit 17 Seiten,
- Technischer Leitfaden für die Abwärmeplattform mit 35 Seiten
- Webinar-Aufzeichnung „Daten und ihre Nutzung“ mit 22 Seiten
- Webinar-Aufzeichnungen „Schwerpunkt Bagatellschwellen“ mit 24 Seiten.
Einfach ist anders. Welcher Technischer Leiter hat die Zeit, das alles zu lesen und umzusetzen?“
Deutlicher Nachbesserungsbedarf
Träger und Staff sind sich einig: In ihrer aktuellen Form ist die Meldepflicht über die Abwärmeplattform weder praxisnah noch zielführend. Krankenhäuser, die ohnehin am Limit arbeiten, werden mit zusätzlichen administrativen Aufgaben belastet, obwohl die relevanten Daten oft bereits öffentlich oder behördlich vorliegen. Sinnvolle Effizienzsteigerung sieht anders aus. Die Politik muss dringend nachbessern: Entweder durch eine realistischere Eingrenzung der betroffenen Unternehmen oder durch eine verstärkte Nutzung bereits vorhandener Datenquellen. Ansonsten bleibt so manche Forderung aus dem Energieeffizienzgesetz für viele Krankenhäuser nichts weiter als eine zusätzliche teure und unnütze Verpflichtung.
FKT-Forum Klinikenergie
Lesen Hier hier: Meldepflicht für Abwärmepotentiale: Was Krankenhäuser jetzt wissen müssen