Leitfaden Transformation zum klimaneutralen Krankenhaus – Teil II: Die richtigen Maßnahmen finden
Dass der Weg zum klimaneutralen Krankenhaus nicht an einem Tag beschritten wird, ist klar. Im ersten Teil unserer Reihe informierten wir über die Wichtigkeit einer soliden Datenbasis. Darauf aufbauend widmet sich der zweite Teil nun den Maßnahmen.
Grundsätzlich gibt es drei Wege, über die CO2- bzw. Treibhausgase reduziert werden können: Reduktion, Substitution und Kompensation. In der Anwendung sollten die Maßnahmen auf dieser Grundlage erarbeitet werden und der dargestellten Hierarchie folgen:
1. Reduktion: Der Fokus von Energieeffizienz-Maßnahmen liegt auf der Reduktion des Energieverbrauches. Ziel ist, deutlich weniger CO2 zu emittieren. Bezogen auf Scope 3 kann zum Beispiel eine höhere Material- bzw. Ressourceneffizienz zu weniger Emissionen führen, indem der Ausschuss reduziert wird oder weniger Verschnitt existiert.
2. Substitution: Anlagen und Prozesse werden auf erneuerbare Energien umgestellt. Es kann beispielweise Biomasse, eine PV-Anlage o.ä. zum Einsatz kommen. Um den Scope 3 zu berücksichtigen, können Produkte verwendet werden, die aus nachhaltigen Rohstoffen oder Recyclingmaterialien bestehen.
3. Kompensation: Erst wenn in den vorhergehenden Schritten der Reduktion und Kompensation alle Optimierungspotentiale ausgeschöpft sind, sollten unvermeidbare Emissionen kompensiert werden. Dies kann zum Beispiel durch den Kauf von CO2-Zertifikaten passieren.
Da der Fokus eines Transformationskonzeptes auf der Reduktion und Substitution liegt, wird die Kompensation von CO2 in diesem Artikel nicht weiter betrachtet.
Grundsätzlich kann die Substitution auch vor der Reduktion erfolgen und nicht erst nach vollständiger Realisierung aller Effizienzmaßnahmen. Hier besteht eine Durchgängigkeit und beide Schritte können gemeinsam betrachtet werden. Nur die Kompensation sollte langfristig auf unvermeidbare Emissionen beschränkt bleiben.
Initialen Workshop als Startschuss nutzen
Als Startschuss für den Weg in die Klimaneutralität hat sich ein initialer Workshop bewährt. Neben der Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses für das Thema bringt er Klarheit, von wo Ihr Krankenhaus kommt, um Reduktionen innerhalb eines gewählten Zeitraums zu gewährleisten. Wichtige Punkte sind in der Regel „Welche externen Treiber und Rahmenbedingungen existieren für das Krankenhaus?“; „Welche Aktivitäten, Projekte etc. wurden in der Vergangenheit bereits unternommen?“; „Welche Daten lassen sich nutzen?“; „Was sind die strategischen Ziele?“
Um eine valide Planung zu beginnen, sind zuverlässige Verbrauchsdaten eine wichtige Ausgangsbasis. Die Verbräuche variieren stark, je nach Beschaffenheit des Gebäudes, der Heizungsanlage, dem technischen Stand und sonstigen Faktoren, die den Gesamtverbrauch beeinflussen. Deswegen sind auch die resultierenden Maßnahmen höchst variabel und müssen sinnvoll und individuell gewählt werden. Wer hier bereits ein Energiemanagement nach ISO 50001 etabliert hat, ist im Vorteil: Erste Maßnahmen sind geplant und umgesetzt. Wenn Sie wissen, wo genau Sie stehen, dann können realistische Maßnahmen getroffen werden, um sicher zu gehen, dass die Umsetzung erfolgreich sein wird.
Vorausschauend handeln
Die anschließende Entwicklung des Maßnahmenplans kann sehr umfangreich sein und quer durch Ihre Organisation gehen. Inhalte können unter anderem Energieeffizienz-Maßnahmen bei Prozessen und Gebäuden sein, die im Energiemanagementkonzept bereits angestoßen wurden oder im Rahmen eines Transformationskonzepts nochmals tiefergehend behandelt werden sollen. Beispielsweise fließt in die Betrachtung der Maßnahmen neben der Umstellung der eigenen Strom-, Wärme- und Kälteversorgung auch der Einsatz von Speichern ein. Damit verbunden ist die Frage, wo sich thermische oder elektrische Energie speichern und puffern lässt, um unabhängiger zu werden.
Beim Stichwort Maßnahmen mögen viele im ersten Moment nur an Investitionen denken. Sicher stehen diese an und müssen gemeistert werden. Gleichwohl hängen damit auch wirtschaftliche Einsparungen zusammen, die in einem Konzept berücksichtigt werden müssen.
Nicht alle Vorschläge können direkt umgesetzt werden. Es handelt sich vielmehr um eine Roadmap für die nächsten Jahre. Es wird erarbeitet, welche Maßnahmen in welcher Reihenfolge umgesetzt werden, um dann zum festgelegten Zeitpunkt die Klimaneutralität zu erreichen.
Eine gute Roadmap beinhaltet neben sinnvollen und umsetzbaren Maßnahmen auch eine Betrachtung unterschiedlicher Szenarien, die in den nächsten Jahren eintreffen könnten. So sollte beispielweise einkalkuliert werden, dass Energiepreise schwanken bzw. sich verteuern, dass bestimmte Rohstoffe nicht (mehr) lieferbar sind oder dass es neue gesetzliche Auflagen gibt. Eine Bewertung der Chancen und Risiken Ihrer Handlungsoptionen fließt ebenfalls ein. Dabei werden auch Herausforderungen aufgezeigt, die aus heutiger Sicht ggf. technisch oder wirtschaftlich noch nicht lösbar sind.
Die richtige Kommunikation
Einen weiteren wichtigen Baustein auf dem Weg zum klimaneutralen Krankenhaus nimmt die Kommunikation ein. Einerseits muss der Wechsel nach innen kommuniziert und gelebt werden. Mitarbeiter müssen sensibilisiert werden. Andererseits muss auch nach außen ein gut erarbeitetes Kommunikationskonzept vorhanden sein. Zentrale Fragestellungen sind hier, ab welchem Zeitpunkt die Bestrebungen kommuniziert werden und mit welchem Wortlaut sie nach außen getragen werden.
In den jeweiligen Szenarien sind auch die zukünftigen Betriebskosten zu betrachten. Auch wenn es Maßnahmen gibt, die die Betriebskosten senken bzw. kostenneutral sind so sind bei dem Transformationskonzept in den ersten Jahren Investitionen in verschiedenen Bereichen notwendig. Hier lohnt es sich, die richtigen Fördermittel zu akquirieren. Wie die Fördermittellandschaft in Deutschland beschaffen ist und wie ein exemplarischer Fördermittelprozess ablaufen kann, erfahren Sie in Teil 3 unserer Reihe.
Von Prof. Dr.-Ing. Mark Junge – Gründer und Geschäftsführer des Energieeffizienz-Dienstleisters Limón.