Kupferlegierungen für Trinkwasser: Aktueller Stand, Entwicklungen und Ausblick

Von Dr. Philipp Skoda

Am 23.01.2024 wurde die aktualisierte Fassung der harmonisierten EU-Trinkwasser-Richtlinie 2020/2184 verabschiedet. Diese wirkt sich erneut auf zahlreiche Kupferlegierungen aus, die in Trinkwasserinstallationen verwendet werden. Allerdings gibt es bereits seit Jahren sehr gute Alternativen.

Ein wesentliches Ziel der Gesetzgebung besteht darin, den Kontakt gesundheitlich bedenklicher Stoffe mit Trinkwasser bzw. die Abgabe solcher Stoffe an das Trinkwasser durch die Trinkwasserinstallation zu vermeiden. Dazu zählen etwa Blei, Arsen oder Antimon. Die Regulierung betrifft daher eine Reihe von Kupferwerkstoffen, die Blei als Legierungsbestandteil enthalten. Sie dürfen künftig nicht weiter für Trinkwasserinstallationen verwendet werden.

Hierfür wurde bereits 2011 eine europäische Initiative aus der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich der Niederlande, dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie der Republik Frankreich und später auch Dänemark unter dem Namen 4MS ins Leben gerufen, die eine Positivliste der unbedenklichen Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser veröffentlichte. Diese Liste wurde nun in europäisches Recht übernommen und weiter verschärft. Um einen geregelten Übergang zu schaffen, wurden Grenzwerte für z. B. Blei im Trinkwasser eingeführt. Diese wurden sukzessive abgesenkt und die Zahl altbekannter Kupferwerkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser kontinuierlich eingeschränkt. In der Folge wurden neue Kupferwerkstoffe für die Trinkwasseranwendung entwickelt und Fittings aus diesen Werkstoffen – in einem Fall bereits seit 2009 – hergestellt und installiert; diese Entwicklung hält an. Bei der Planung neuer Legierungen (und im Weiteren der Produkte) müssen neben hygienischen und gesundheitlichen Erwägungen auch technisch-physikalische Eigenschaften berücksichtigt werden, um etwa die gewünschte Langlebigkeit zu erzielen.

Entwicklung und Bewertung neuer Kupferwerkstoffe

Für die Bewertung dieser neuen Werkstoffe hinsichtlich ihrer Eignung für eine Trinkwasserinstallation sind neben hygienischen Anforderungen aus der EN 15664 auch physikalisch-technische Anforderungen an Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser essenziell. Hierzu gibt es mehrere internationale Normen, welche die Themenbereiche Beständigkeit und Korrosion adressieren und klare Handlungsempfehlungen geben, um die gesetzgeberischen Anforderungen sicherzustellen.

Während die EN 12502-2 Leitlinien zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von Korrosion in Wasserverteilungs- und Speichersystemen bietet, macht die ISO 6509 die Entzinkungsbeständigkeit von Kupfer-Zink-Legierungen vergleichbar und damit bewertbar. Zu beachten ist, dass ein chemisch gleicher Werkstoff je nach Verarbeitung und Wärmebehandlung entzinkungsbeständig oder nicht entzinkungsbeständig sein kann.

Die EN 806-4 weist das Thema Bimetallkorrosion von Edelstahlrohren mit Fittings aus Kupfer und Kupferlegierungen als unproblematisch aus. So ist es nicht verwunderlich, dass es hierzu keine europäische Prüfnorm gibt. Vielmehr wird in der Hygieneprüfung nach EN 15664 für alle Prüfwässer obligatorisch die Kombination aus Edelstahlrohren mit Fittings aus Kupfer und Kupfer-Legierungen vorgeschrieben. Die Kombination ist allgemein anerkannt.

Geeignete Legierungen sind entzinkungsbeständig

Eine mögliche Untergliederung der technisch denkbaren und gesundheitlich unbedenklichen Kupfer-Zink-Legierungen kann nach den Anforderungen der ISO 6509 in entzinkungsbeständige und eingeschränkt entzinkungsbeständige Legierungen getroffen werden. Letztere Gruppe ist v.a. aus technisch-physikalischen Gründen (höhere Korrosionsanfälligkeit) nur eingeschränkt für eine Trinkwasserinstallation geeignet: Da in diesen Kreisläufen entweder kein Sauerstoff oder Wasser eingetragen werden, können sie jedoch für andere Anwendungsbereiche wie z. B. Heizung oder Gase gut eingesetzt werden. Somit laufen keine oder nur in sehr geringem Umfang Korrosionsprozesse ab.

Sehr gut und uneingeschränkt für Trinkwasser geeignet ist der Werkstoff CW724R (chemische Bezeichnung CuZn21Si3P, Siliziumbronze). CW724R ist bereits seit 2009 in Deutschland und zahlreichen anderen Ländern auf dem Markt, sodass mit diesem Werkstoff die meiste Praxis vorliegt. Zudem spricht eine ganz praktische Erwägung für diesen Werkstoff: aus dieser Legierung gefertigte Fittings lassen sich sowohl mit Kupferrohren als auch mit Edelstahlrohren verbinden. Die positiven Erfahrungen mit dem Werkstoff führten dazu, dass 2018 mit CuSi4Zn9MnP (CC246E) eine zweite siliziumhaltige CuZn-Mehrstofflegierung für die Fittingproduktion eingeführt wurde. Mit einem Siliziumgehalt von mehr als 2 % sind beide Werkstoffe unempfindlich gegenüber Spannungsrisskorrosion [EN 1254-7].

2019 folgt eine weitere komplexe Legierung CuSn4Zn2PS [noch ohne CC-Bezeichnung] mit den Hauptlegierungselementen Zn und Sn, die ebenfalls uneingeschränkt für die Trinkwasseranwendung genutzt werden kann.

Ein weiterer Werkstoff mit uneingeschränkter Trinkwassereignung befindet sich aktuell noch in der Entwicklung, ist aber bereits auf der neuen Positivliste vermerkt: CuZn35Sn1P (CW727R) nutzt Zinn und Phosphor als Inhibitor der viel beachteten selektiven Korrosion.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die strengen Vorschriften für Werkstoffe, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, insbesondere die aktualisierte EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184, aber auch Einflüsse wie ROHS, ECHA und REACH die Verwendung von Kupferlegierungen in Trinkwasserinstallationen erheblich beeinflusst haben. Die kontinuierliche Verschärfung des zulässigen Bleigehaltes und die Überprüfung anderer schädlicher Stoffe haben im Laufe der Jahre zur Entwicklung sichererer Alternativen geführt.

Insgesamt spiegelt der Wechsel zu bleifreien Kupferwerkstoffen für Trinkwasseranwendungen das Engagement für die öffentliche Gesundheit und die ökologische Nachhaltigkeit wider. Bei fortgesetzter Innovation und Einhaltung der gesetzlichen Normen sind die Aussichten für sichere und zuverlässige Trinkwasserinstallationen unter Verwendung von Kupferlegierungen weiterhin sehr vielversprechend.

Über den Autor

Dr. Philipp Skoda lehrte und forschte an der Hochschule Esslingen zu Werkstoff und Fügetechnik mit dem Schwerpunkt Kupferwerkstoffe. Später wechselte er an das renommierte Kupferinstitut DKI und schließlich zum Hersteller SANHA, einem führenden Hersteller von Rohrleitungssystemen. Dort verantwortet er den Bereich Innovationen, der Zukunftsthemen wie Wasserstoff oder neue nachhaltige Kupferwerkstoffe beinhaltet