Fachtagung Technik im Gesundheitswesen: Fortschritt durch Transparenz

Die Nutzung bislang nicht, oder nur schwer auswertbarer Daten durch KI und andere maßgeschneiderte Analysensysteme soll dem Gesundheitswesen wertvolle neue Erkenntnisse und eine bislang ungekannte Transparenz als Grundlage für einen weitgehend optimierten Betrieb bescheren.

Zahlreiche Vorträge und praxisorientierte Workshops der diesjährigen Fachtagung Technik im Gesundheitswesen am 18. und 19. September in Gelsenkirchen beschäftigen sich mit dem technischen Innovationspotenzial durch ein fortschrittliches Informationsmanagement.

Pragmatische Innovation

Bei aller digitaler Euphorie mahnt Prof. Oliver Wetter von der Hochschule Bielefeld jedoch zu innovativem Augenmaß: „Technologien wie Big Data, Cloud Services oder KI versprechen aktuell zwar große Effizienzgewinne. Gleichzeitig ist der Prozess des Planens, Bauens und Betreibens in Deutschland traditionell (noch) nicht digitalisiert und von einem zunehmenden Fachkräftemangel entlang der gesamten Kette geprägt. Informationsbrüche, vor allem an der Übergabestelle zwischen Errichtung und Betrieb, unzulängliche Dokumentationen des Status quo, suboptimale Gebäudestrukturen und Abläufe sind in Gesundheitseinrichtungen an der Tagesordnung. Fortschritt ausschließlich von den aktuell sehr gehypten digitalen Errungenschaften zu erwarten, wäre daher trügerisch. Zielführender scheint es, Gesundheitseinrichtungen sehr grundlegend zu modernisieren und Abläufe und Strukturen möglichst konkret auf die Bedürfnisse der späteren Nutzer zuzuschneiden, um erst im nächsten Schritt den Nutzen digitaler Tools optimal ausschöpfen zu können.“ Ein Retrofit veralteter Technologien bringe zunächst oft mehr als eine ausgeklügelte, die veraltete Technik möglicherweise überfordernde digitale Hightech-Lösung.

Daten besser nutzen

Daten aus der Gebäudeautomation und der realen Nutzung ermöglichen jedoch schon heute vielfache Rückschlüsse auf den Effizienzgrad eines Gebäudes. In der Regel bedürfe es keiner aufwendigen Hardware-Nachrüstung, um zu messen und zu erfassen, wie ein Gebäude tickt, sagt Dr. Marc Baranski Head of Engineering und Research bei aedifion. Datenplattformen mit KI-Algorithmen können „lernen“, wie sich ein Gebäude verhält und den Betrieb schließlich am konkreten Bedarf orientiert steuern. Wenn Räume nicht genutzt werden, können Luftwechselraten reduziert und die Heizung bei einem anstehenden Wetterwechsel entsprechend voreingestellt werden, … Dadurch kann neben einem bedarfsgerechten Energieverbrauch auch eine gesündere Raumluftqualität für Gebäudenutzer, Mitarbeitende und Patienten erzeugt werden. Durchschnittlich 22 Prozent Energieeinsparung sind durch einen intelligenten, automatisierten Gebäudebetrieb realistisch, die Potenziale für die Zukunft mit smarten Gebäuden sind vielversprechend. 

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) betont die Bedeutung der Gebäudeautomation als Möglichkeit zu einem energieeffizienten, wirtschaftlichen und sicheren Betrieb bei gleichzeitiger Entlastung des Betriebspersonals. Neu zu errichtende Nicht-Wohngebäude und Nicht-Wohngebäude im Bestand mit einer Heizungs- bzw. Klimaanlage mit mehr als 290 kW sind bis Ende 2024 mit einem Mindest-Automationsgrad aus- bzw. nachzurüsten. Dieser umfasst zum einen die Erreichung des Automationsgrad B gemäß DIN V 18599-11 für die Gewerke Heizung/Kühlung als auch die Nutzung standardisierter Protokolle zur system- und herstellerübergreifenden Kopplung zwischen allen Systemen und Anwendungen. 

Neubau versus Sanierung

 

Smart werden, klimaneutral funktionieren, extremen Wetterbedingungen trotzen, Magnetwirkung entfalten, …. Krankenhäuser stehen unter einem enormen Innovationsdruck. Viele in die Jahre gekommene Häuser müssen dazu saniert, oder besser komplett neu gebaut werden. Unerwartete Rattenschwänze entstehen bei einer Sanierung sehr oft in der Technik. „In den vergangenen zehn Jahren gab es zunehmend Projekte zu beobachten, die deshalb entweder abgebrochen werden mussten, oder durch massive Einsparverpflichtungen weit hinter den betrieblichen Zielsetzungen und Erwartungen zurückbleiben. Im Fazit kosten solche Grundsanierungen rund 70-80% vergleichbarer Neubaumaßnahmen, jedoch mit vielen funktionalen Kompromissen und dauerhaft höheren betrieblichen Folgekosten“, sagt Christoph Gatermann von der Nickl Architekten Deutschland GmbH. Auf der diesjährigen Fachtagung Technik im Gesundheitswesen erörtert er Bewertungskriterien für die schwierige Frage: neubauen oder sanieren? Mehr Informationen zum Programm finden Sie hier: www.fachmesse-krankenhaus-technologie.de/home